COVID-19 Risikogruppen

COVID-19 Risikogruppen

Während eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei den meisten Menschen nur milde Symptome hervorruft, erkranken einige Personen besonders schwer. Wir informieren über COVID-19 Risikogruppen und Risikofaktoren nach aktuellem Stand der Wissenschaft sowie über präventive Maßnahmen und Empfehlungen von Fachgremien.

Wer zählt zur COVID-19 Risikogruppe?

Vor allem ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen gelten als besonders gefährdet für einen schweren Verlauf. Entscheidend für das individuelle Risiko ist dabei nicht ein einzelner Faktor, also beispielsweise ein Diabetes-Erkrankung, sondern die Summe aller Faktoren, wie das Robert-Koch-Institut hervorhebt. Neben dem Alter und der Zahl der Grunderkrankungen wirkt sich auch die medikamentöse Einstellung einer bestehenden Erkrankung auf den Verlauf von COVID-19 aus. Daher findet man in vielen Patienten-Informationen den Hinweis, Medikamente während der Corona-Pandemie nicht eigenmächtig abzusetzen.

Zu den Risikofaktoren zählen

• höheres Alter (ansteigend ab 50 Jahren)
• Erkrankungen der Atmungssysteme
• Diabetes
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Adipositas
• Krebs
• Nieren- oder Lebererkrankungen
• Immunsuppression, z. B. durch Cortison

Haben Patienten mit Atemwegserkrankungen generell ein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe?

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. hat mit Unterstützung des Bundesverbandes der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner e. V. eine Stellungnahme zum Risiko von Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie verfasst. Die Autoren kommen anhand der aktuellen Studienlage zu folgenden Ergebnissen:

Asthma

Derzeit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Asthma-Patienten häufiger von schweren Verläufen bei COVID-19 betroffen sind oder eine Therapie mit inhalativen Steroiden dieses Risiko erhöht. Es gibt sogar die Hypothese, dass Asthma-Patienten aufgrund einer geringeren Expression des ACE-2-Rezeptors, den das Virus zum Eintritt in die Zelle nutzt, weniger anfällig sein könnten. Es wird empfohlen, die Therapien auch während der Corona-Pandemie unverändert fortzuführen, um einer Verschlechterung vorzubeugen.

COPD

Patienten mit COPD gehören zu den Risikogruppen mit einem höheren Risiko für einen ernsten Krankheitsverlauf bei COVID-19. Erkrankungen des Herzens verstärken das Risiko. Patienten, die weiterhin rauchen, wird daher dringend empfohlen, das Rauchen aufzugeben.

Mukoviszidose (Cystische Fibrose)

Die Datenlage ist hier noch recht dünn. Aufgrund der strukturellen Lungenschäden vermutet man, dass Patienten mit dieser Erkrankung schwerwiegendere Verläufe zeigen.

Wie wirkt sich SARS-CoV-2 auf Diabetes aus?

Welche Auswirkungen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf einen Diabetes hat, erläutert das Ärzteblatt sehr plausibel: Schwere Viruserkrankungen erzeugen generell Stress im Körper. Darauf reagiert der Organismus unter anderem mit einer erhöhten Ausschüttung des Hormons Cortisol, das den Blutzuckerspiegel ansteigen lässt. Bei Diabetes-Patienten kann es dadurch in ungünstigen Fällen zu einer Stoffwechselentgleisung, einer Ketoazidose, und in der Folge zu einem schweren Verlauf von COVID-19 kommen.

Darüber hinaus kann COVID-19 einen Diabetes auch erstmalig auslösen, wie Studien aus Wuhan zeigen. Als Ursache vermuten Forscher dem Ärzteblatt zufolge eine Schädigung der Beta-Zellen. Diese sind in der Bauchspeicheldrüse für die Produktion von Insulin verantwortlich und bilden das Protein ACE2, welches vom Coronavirus zum Zelleintritt genutzt wird. Im Rahmen des CoviDIAB-Projektes werden nun Patienten mit COVID-19 assoziiertem Diabetes registriert, um herauszufinden, ob es sich bei einem neu aufgetretenen Diabetes während einer COVID-19-Erkrankung um den bekannten Typ 1 oder 2 oder eine neue Form handelt und ob diese nach der Erkrankung wieder verschwindet.

Der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zufolge kann ein gut eingestellter Blutzuckerspiegels dazu beitragen, Komplikationsrisiken bei Infektionskrankheiten zu verringern. In einer Pressemitteilung schrieb die Deutsche Diabetes-Hilfe im März 2020 sogar, dass junge bzw. gesunde Diabetespatienten mit Typ 1 oder 2 Diabetes und guter Glukoseeinstellung keine erhöhtes Infektionsrisiko hätten. Anders sieht es der DDG zufolge bei Personen mit Begleit- oder Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Organschäden aus. Sie haben aufgrund ihres geschwächten Immunsystems bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 ein höheres Risiko für einen schlechteren Verlauf.

Warum gehören Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur COVID-19-Risikogruppe?

Infektionen jeglicher Art, nicht nur durch Coronaviren, sind eine zusätzliche Belastung für das Herz-Kreislauf-System. Ist das Herz durch bestimmte Vorerkrankungen wie koronare Herzkrankheiten, Herzschwäche oder Bluthochdruck geschwächt, kann es seine Leistung nicht in erforderlichem Maße erbringen. In der Folge kann COVID-19 schwerer verlaufen.

Hinzu kommt, dass die SARS-CoV-2-Viren das Herz angreifen können, was von Menschen mit Herzerkrankungen schlechter kompensiert werden kann. Generell gilt, je schwerer die Grunderkrankung ist, je mehr Krankheiten parallel vorliegen, z. B. eine fortgeschrittene Herzschwäche plus eine Immunschwäche, desto höher ist das Risiko für einen schweren Verlauf bei COVID-19.

Diskutiert wird, ob blutdrucksenkende Medikamente wie ACE-Hemmer und Renin-Angiotensin-Rezeptorblocker durch eine Erhöhung der ACE2-Rezeptoren dem neuen Coronavirus einen leichteren Zelleintritt ermöglichen. Einem in der Zeitschrift "Der Nephrologe" Ende Juni veröffentlichten Artikel zufolge, gibt es nach aktuellem Forschungsstand jedoch keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser Medikamente und einem ernsten Verlauf von COVID-19. Manche Forschungsarbeiten ermittelten sogar eine schützende Wirkung der ACE-Hemmer.

Dementsprechend sollten verordnete Medikamente nicht eigenmächtig abgesetzt oder in ihrer Dosierung verändert werden. Um einer schweren Erkrankung vorzubeugen, wird die allgemeine Infektionsprophylaxe empfohlen und zu genereller Vorsicht geraten.

Sind an Krebs Erkrankte durch das Coronavirus besonders gefährdet?

Krebspatienten werden vom Robert-Koch-Institut allgemein zur Risikogruppe gezählt. Das Deutsche Krebsforschungszentrum und die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) weisen allerdings auf die Notwendigkeit einer Differenzierung hin. Man müsse unterscheiden zwischen Menschen mit überwundener Krebserkrankung, beherrschbarer Erkrankung und Personen, die aufgrund einer Krebsbehandlung ein geschwächtes Immunsystem aufweisen.

Patienten, die den Krebs überwunden haben oder gut beherrschen, gehören nach Meinung der DGHO nicht zwangsläufig zur Risikogruppe. Analog zu anderen Virusinfektionen sind Krebspatienten dann besonders durch das neue Coronavirus gefährdet, wenn sie ein geschwächtes Immunsystem haben und/oder Infektionen der oberen Atemwege aufweisen. Entgegen weit verbreiteter Annahmen schwächen nicht alle Krebsmedikamente das Immunsystem. Damit Betroffene einschätzen können, ob sie ein erhöhtes Risiko haben, hat das Deutsche Krebsforschungszentrum online einen Fragenkatalog zusammengestellt.

Um eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu vermeiden, sollten die empfohlenen Hygiene- und Verhaltensregeln beachtet werden. Für die zur Risikogruppe zählenden Patienten kann auch eine häusliche Isolation sinnvoll sein. Generell wird empfohlen, auf eine gute Ernährung zu achten, sich regelmäßig körperlich zu bewegen und das Rauchen aufzugeben.

Gehören Lebererkrankte zur COVID-19 Risikogruppe?

Die Studienlage ist noch dürftig. Eine chronische Virushepatitis führt nach aktuellem wissenschaftlichen Stand der Deutschen Leberstiftung nicht zwangsläufig zu einem schweren Verlauf von COVID-19. Allerdings können fortgeschrittene chronische Lebererkrankungen, die das Immunsystem beeinträchtigen oder Immunsuppressiva, die beispielsweise nach Lebertransplantationen oder autoimmunen Lebererkrankungen verordnet werden, das Infektionsrisiko erhöhen, gleiches gilt für Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Adipositas.

Generell macht das Papier der Deutschen Leberstiftung deutlich, dass mehr Fragen offen sind als geklärt, was zu einer großen Verunsicherung bei Patienten führt. Es ist noch nicht klar, ob bestimmte leberassoziierte Laborwerte bei einer Hospitalisierung einen Hinweis auf eine Vorerkrankung der Leber geben, ein Indiz für eine Leberschädigung durch das Coronavirus sind oder als Zeichen einer schweren Entzündungsreaktion gedeutet werden müssen.

Empfohlen wird für Patienten mit Lebererkrankungen, neben der Einhaltung der Hygiene- und Verhaltensregeln im Zusammenhang mit dem Corona-Virus, eine Impfung gegen Pneumokokken und Grippe.

Welche Auswirkungen kann das Virus SARS-CoV-2 bei Vorerkrankungen der Niere haben?

Ein Artikel vom Juni 2020 in der Fachzeitschrift "Der Nephrologe" beurteilt die Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Nieren anhand der aktuellen Studienlage. In Computertomographien zeigten die Nieren von COVID-19-Patienten eine verringerte Dichte des Nierengewebes, was auf Entzündungen und Ödeme schließen lässt. Im Zuge der Infektion mit dem neuen Coronavirus kann es zum akuten Nierenversagen (ANV), Proteinurie oder Hämaturie und in der Folge zu einer höheren Sterblichkeit kommen.

Allerdings erlaubt die aktuelle Datenlage noch keine generellen Aussagen über Verläufe von COVID-19 bei Betroffenen mit bestehender Nierenerkrankung. Schlüsse lassen sich jedoch aus den Verläufen anderer Infektionskrankheiten ziehen. Die Autoren gehen daher davon aus, dass nierentransplantierte Patienten und Immunsupprimierte vermehrt von schwereren Krankheitsverläufen bei COVID-19 betroffen sein könnten. Besonders gefährdet für schwere Krankheitsverläufe sind Menschen im höheren Lebensalter mit multiplen Vorerkrankungen.

Da nierentransplantierte Patienten, wie alle Transplantierten, zur Hochrisikogruppe zählen, gilt es, eine SARS-CoV-2-Infektion in jedem Fall durch die bekannten Verhaltensregeln zu vermeiden.

Sollte man Immunsuppressiva bei COVID-19 absetzen?

Immunsuppressiva sind Medikamente, die die Immunabwehr schwächen oder unterdrücken. Dazu zählen u. a. Kortikosteroide wie Cortison, bestimmte Mittel gegen Krebserkrankungen, Chemotherapeutika und Antikörpertherapien. Solche Medikamente werden beispielsweise im Rahmen chronisch-entzündlicher Erkrankungen eingesetzt, bei Krebserkrankungen, nach Transplantationen oder bei HIV-Infektionen.

Generell gilt, dass eine Veränderung von Medikamenten nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen sollte, niemals eigenmächtig aufgrund vermeintlich aktueller Nachrichten. Nur ein Mediziner kann die Risiken einer Verschlechterung der Grunderkrankung durch das Absetzen von Medikamenten und das Risiko eines dadurch möglicherweise schweren Verlaufs bei einer Infektion mit dem Coronavirus gegeneinander abwägen.

Unter Verweis auf die Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen schlussfolgert das Ärzteblatt, dass antientzündliche Medikamente, die positiv auf die Grunderkrankung wirken, möglicherweise sogar Entzündungsreaktionen im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung entgegenwirken. Daher wird derzeit empfohlen, eine wirksame immunsuppressive Therapie fortzuführen und das Risiko einer Infektion zu vermeiden.

Warum zählen Personen mit Adipositas zur COVID-19 Risikogruppe?

Adipositas kommt selten alleine, sondern ist häufig mit anderen Erkrankungen vergesellschaftet, wie Typ-2-Diabetes, der das Risiko für ernste Verläufe von COVID-19 erhöhen kann. Darüber hinaus können bei der Adipositas Fetteinlagerungen die Funktion der oberen Atemwege behindern, Entzündungsreaktionen im Körper begünstigen und möglicherweise die Immunreaktion auf den Erreger verstärken, was wiederum Thrombosen begünstigt, wie das Ärzteblatt unter Verweis auf den Report der Gesundheitsbehörde Public Health England feststellt.

Der Bericht kommt zum Ergebnis, dass eine Gewichtsabnahme von 5-10 kg sowohl das Erkrankungs- als auch das Sterberisiko stark übergewichtiger Menschen senken kann – möglicherweise auch im Hinblick auf COVID-19. Wer zu dieser Risikogruppe zählt, kann also aktiv etwas zur Senkung seines Erkrankungsrisikos tun. Unterstützung in Sachen Gewichtsabnahme bieten ambulante Praxen oder spezialisierte Kliniken.

Vorbeugung ist besser als Nachsorge

Kuren fördern Gesundheit – auch in Zeiten von Corona

Neben einer guten Ernährung, ausreichend Bewegung und der Einhaltung der allgemeinen Hygiene- und Verhaltensregeln kann ein Rauchstopp sowie eine Reduzierung des Gewichts bei Übergewichtigen und Risikogruppen den Verlauf einer Coronavirus-Infektion günstig beeinflussen. Unterstützung bieten niedergelassene Ärzte ebenso wie spezialisierte Angebote in stationären Einrichtungen. Mit einer gut eingestellten Grunderkrankung, einem guten Immunsystem und dem Wohlfühlgewicht stehen Patienten dem Coronavirus gestärkt gegenüber.

Im Rehabilitations- und Präventionszentrum Bad Bocklet finden Patienten eine Auswahl an ganzheitlich orientierten Rehabilitationen und Kuren für COVID-19 Risikogruppen:

Aber auch Menschen ohne bereits bestehende chronische Erkrankungen können mit Präventionsprogrammen aktiv etwas für ihre Gesundheit tun:

Quellen:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113818/Studie-COVID-19-kann-einen-Diabetes-ausloesen
https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_lexikon/beta-zellen
https://www.diabetes-ratgeber.net/Insulin/Ketoazidose-Stoffwechsel-ausser-Kontrolle-193991.html
https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/presse/neues-coronavirus-sars-cov-2-kein-erhoehtes-infektionsrisiko-fuer-gesunde-diabetespatienten
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2018688
https://www.diabetesde.org/pressemitteilung/junge-menschen-diabetes-mellitus-ohne-folgeerkrankungen-gehoeren-risikogruppe-covid
https://pneumologie.de/fileadmin/user_upload/COVID-19/20200527_DGP_BdP_Risikoabschaetzung_chron._LK_SARS-CoV-2_update.pdf
https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/coronavirus-krebs-haeufige-fragen.php
https://www.lungenliga.ch/fileadmin/user_upload/LLS/01_MetaNavigation/02_Medien/Aktuell/Coronavirus_Info_an_lungen-_und_atemwegserkrankte_Menschen.pdf
https://dzhk.de/coronavirus-fragen-und-antworten-fuer-herz-kreislauf-patienten/
https://www.internisten-im-netz.de/aktuelle-meldungen/aktuell/hoeheres-komplikationsrisiko-mit-herz-kreislauf-erkrankungen-durch-covid-19.html
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7318905/#CR25
https://link.springer.com/article/10.1007/s11560-020-00444-4
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/115092/SARS-CoV-2-Britische-Behoerde-betrachtet-Adipositas-als-COVID-19-Risiko
https://www.aerzteblatt.de/archiv/214063/Rheuma-amp-Co-COVID-19-bei-Immunsuppression
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/114152/Gut-eingestellte-chronisch-Kranke-gegen-COVID-19-am-besten-gewappnet