Sexualstörungen sind ein heikles Thema für Männer

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Krankheiten, Operationen und damit verbundene Sexualstörungen schüren Versagensängste bei Männern. Das Rehazentrum im Bayerischen Staatsbad Bad Bocklet setzt deshalb auf ganzheitliche Diagnostik und Therapie.

Nachfolgend finden Sie von unserem Ltd. Oberarzt für Urologie und Andrologie Herrn Dr. med. Thomas Seyrich ein Interview welches am 15.07.2013 im "Handelsblatt" erschienen ist.

Herr Dr. Seyrich, warum scheuen sich so viele Männer vor dem Gang zum Arzt und besonders zum Urologen?

Krankheiten, Operationen und damit verbundene Sexualstörungen schüren Versagensängste bei Männern. Das Rehazentrum im Bayerischen Staatsbad Bad Bocklet

Ein Mann muss starke körperliche Beschwerden haben, um überhaupt ärztlichen Rat einzuholen. Zudem gibt es viele Mythen rund um die körperlichen Untersuchungen beim Urologen. Viel schwerwiegender ist aber wohl, dass Männer Krankheit und Versagen gleichsetzen. Leidet ein Mann unter Sexualstörungen, sind sogar seine Männlichkeit und damit auch seine Identität in Gefahr.

Woher kommt dieses verzerrte Bild?

Aus meiner Sicht gibt es dafür zwei Gründe: Zum einen ist die Sexualmedizin für Männer natürlich heikel. Anders als bei Frauen, die ab einem gewissen Alter regelmäßig zum Gynäkologen gehen und damit auch ein Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbauen, fehlt eine analoge "Lernkurve" bei Männern. Zum anderen wurde das Thema in Deutschland aber auch zu lange vernachlässigt. Sexualstörungen bei Männern können viele Ursachen haben – physische und psychische. Deshalb wissen die Betroffenen auch oft nicht, an welchen Facharzt sie sich wenden sollen. Das ist für den Abbau der ohnehin vorhandenen Hemmschwelle natürlich nicht gerade förderlich.

Ist hier die Gesundheitspolitik gefragt, für mehr Aufklärung zu sorgen?

Das wäre wünschenswert. Außer in Berlin gibt es in keinem der anderen 15 Bundesländer derzeit eine Zusatzbezeichnung "Sexualmedizin". Aber auch in Berlin ist die in der Weiterbildungsordnung aufgeführte Zusatzbezeichnung inhaltlich sehr auf die psychologischen Aspekte konzentriert und damit nicht weitgreifend genug. Neu ist, dass die Musterweiterbildungsordnung der Ärzte im Hinblick auf die Sexualmedizin geändert werden soll – aber das ist "Zukunftsmusik". Die Patienten benötigen jetzt qualifizierte Hilfe und Rat.

Sie sagten Krankheit schürt Versagensängste beim Mann, weshalb sie die Vorsorge so scheuen. Mit welchen Konsequenzen?

Männer haben genau wie Frauen spezielle Krebsrisiken, wie zum Beispiel Prostata- oder Hodenkrebs. Das paradoxe an der Scheu der Männer ist, dass sie wesentlich bessere Heilungschancen hätten, würden sie regelmäßig zur Vorsorge oder noch besser zur Früherkennung gehen. Auch hier ist die Sensibilisierung bei Frauen deutlich größer. Im Rehabilitationszentrum Bad Bocklet haben wir viele Krebspatienten, die etwa nach einem operativen Eingriff zu uns kommen. Die Folgen einer solchen Operation wirken sich häufig auf die Potenz und damit auf die Psyche des Mannes aus.

Was meinen Sie damit?

Ein Schwerpunkt unserer Rehabilitationskonzepte ist die Vermeidung dauerhafter Potenzstörungen, die neben den onkologischen Patienten auch Patienten mit gravierenden Stoffwechselstörungen wie Adipositas oder Diabetes treffen können. Der große Vorteil für unsere Patienten ist, dass wir in Bad Bocklet neben der Inneren Medizin und der Onkologie auch über einen Fachbereich Psychosomatik verfügen. Somit können wir auch psychoonkologische Betreuungsansätze anbieten. Aber Sie sehen, hier schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei der Sexualmedizin.

Quelle: Handelsblatt vom 15.07.2013